Inhaltsübersicht
Artikel 1 – Mobilitätsgesetz Hessen
Inhaltsübersicht
Präambel
Ziel des Gesetzes ist die Förderung und Stärkung der Verkehrsträger des Umweltverbunds sowie die Gewährleistung gleichwertiger Mobilitätsmöglichkeiten in Hessen. Die Mobilität in Hessen soll bis 2030 umwelt- und sozialverträglich, klimaneutral, verkehrssicher und durchgängig barrierefrei gestaltet werden. Straßen und Verkehrsmittel sollen so sicher gestaltet werden, dass sich landesweit keine tödlichen Unfälle oder Unfälle mit schweren Personenschäden ereignen (Vision Zero). Allen Menschen in Hessen soll eine gerechte Teilhabe an Mobilitätsangeboten und Verkehrsinfrastruktur unabhängig von Wohnort, Alter, Geschlecht, Lebenssituation, Herkunft, persönlichen Mobilitätseinschränkungen oder individueller Verkehrsmittelverfügbarkeit gewährleistet werden. Umweltfreundliche Verkehrsträger werden verstärkt ausgebaut und gefördert, um die Aufenthalts- und Bewegungsqualität im öffentlichen Raum sowie die Lebensqualität für den Menschen merklich zu steigern. Der Anteil des Umweltverbunds am Modal Split soll bis 2030 landesweit auf 65 Prozent steigen. Zu diesem Zweck soll der öffentliche Personennahverkehr sowie die Fuß- und Radverkehrsinfrastruktur unter den Gesichtspunkten der Attraktivität, Leistungsfähigkeit und Sicherheit erheblich ausgebaut werden.
Abschnitt 1: Allgemeines
§ 1 Geltungsbereich
Dieses Gesetz gilt für alle öffentlichen Straßen im Sinne des Hessischen Straßengesetzes vom 8. Juni 2003 (GVBl. I S. 166) in der jeweils gültigen Fassung.
§ 2 Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieses Gesetzes bedeutet
1. Rad-Hauptnetz die landesweite Verbindung von allen Oberzentren untereinander sowie der Mittelzentren mit ihrem nächsten Oberzentrum bis zu einer Entfernung von rund 30 km über definierte Hauptrouten, welche sich im Zielzustand durch direkte, sichere, komfortabel zu befahrene und durchgehend einheitlich beschilderte Radverkehrsverbindungen auszeichnet und durch regionale und lokale Netze für den Alltagsverkehr vervollständigt wird;
2. Radschnellverbindungen Landesstraßen, die eine regionale oder überregionale Verbindungsfunktion erfüllen und für die eine der Verkehrsbedeutung entsprechende Verkehrsnachfrage gegeben oder zu erwarten ist; sie sollen untereinander oder mit anderen Radverkehrsverbindungen ein zusammenhängendes Netz bilden;
3. Raddirektverbindungen Landesstraßen mit einer gegenüber Radschnellverbindungen geringeren Verkehrsnachfrage, die eine regionale oder überregionale Verbindungsfunktion erfüllen;
4. Sicherheitsaudit die unabhängige Prüfung aller sicherheitsrelevanten Planungsunterlagen in jeder Planungsphase nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik, um Sicherheitsdefizite in der Planungsphase zu identifizieren;
5. Umweltverbund die Verkehrsmittel Fußverkehr, Radverkehr, öffentlicher Personennahverkehr sowie Carsharing.
§ 3 Förderung und Stärkung des Umweltverbunds
(1) Die Verkehrsmittel des Umweltverbunds sind gegenüber den Belangen des motorisierten Individualverkehrs von den Trägern der Straßenbaulast bei der Straßenraumaufteilung und Straßenraumgestaltung zumindest gleichberechtigt zu berücksichtigen.
(2) Die Träger der Straßenbaulast führen jährlich Verkehrserhebungen des motorisierten Individualverkehrs durch. Sofern die Auswertung auf eine nicht ausreichende Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs zur Erreichung der Ziele des Gesetzes hinweist, werden Maßnahmen zur Stärkung des Umweltverbundes entsprechend angepasst.
(3) Die Träger der Straßenbaulast haben die Belange der Verkehrsmittel des Umweltverbunds bei der Schaltung von Lichtsignalanlagen gegenüber den Belangen des motorisierten Individualverkehrs zumindest gleichberechtigt zu berücksichtigen, soweit gesetzlich nicht anders geregelt.
§ 4 Öffentlichkeitsarbeit
Die fachlich zuständigen Ministerien sowie die Landkreise und Gemeinden werben öffentlichkeitswirksam für die verstärkte Nutzung der Verkehrsmittel des Umweltverbunds.
Abschnitt 2 Verkehrssicherheit
§ 5 Grundsätze
(1) Die Träger der Straßenbaulast sollen Straßen in ihrer Baulast so sicher gestalten, dass sich landesweit keine tödlichen Unfälle oder Unfälle mit schweren Personenschäden ereignen.
(2) Bei der Analyse und Erfassung von Unfallursachen und Risikoschwerpunkten im Straßenverkehr haben die zuständigen Straßenbau-, Polizei- und Straßenverkehrsbehörden Fachkreise und Verbände zu beteiligen.
§ 6 Sicherheitsaudits
Von den Trägern der Straßenbaulast sind bei Neu-, Um- oder Ausbaumaßnahmen sowie anlassbezogen im Bestand Sicherheitsaudits insbesondere hinsichtlich des Rad- und Fußverkehrs durchzuführen.
§ 7 Sicherung auf Schulwegen
(1) Die Sicherung auf Schulwegen ist gemeinsame Aufgabe der Straßenverkehrs-, Polizei- und der allgemeinen Ordnungsbehörde. In der Ausführung ist sie Angelegenheit der Träger der Straßenbaulast. Schulaufsichtsbehörden, Schulträger, Schulen sowie Schüler- und Elternvertretung sind bei der Identifizierung von Maßnahmen der Sicherung von Schulwegen einzubeziehen.
(2) Die Schulleitung arbeitet zumindest für die Jahrgänge 1 bis 7 einen Schulwegplan aus und stimmt diesen mit der Straßenverkehrs-, Polizei und der allgemeinen Ordnungsbehörde ab. Schulwegpläne sind Darstellungen, in denen die sichersten Wege zur Schule empfohlen werden. Der Schulwegplan wird an für Eltern und Schülerinnen und Schülern zugänglichen Orten aufgehängt, im Internet veröffentlicht und regelmäßig aktualisiert.
Abschnitt 3 Mobilitätsmanagement und vernetzte Daten
§ 8 Mobilitätsmanagement
(1) Das für Verkehr zuständige Ministerium steuert Maßnahmen zur Verknüpfung verschiedener Verkehrsarten. Die Maßnahmen sind auf eine nachhaltige und zukunftsgerichtete Verkehrsgestaltung auszurichten und zu einer Gesamtstrategie zusammen zu führen (Mobilitätsmanagement).
(2) Die Landkreise und Gemeinden setzen landesweit und dauerhaft das Mobilitätsmanagement um. Sie erarbeiten hierzu Mobilitätskonzepte. Die Vernetzung der Verkehrsträger des Umweltverbundes wird in den Mobilitätskonzepten besonders berücksichtigt. Bestehende und neu aufgestellte Mobilitätskonzepte sind zumindest alle fünf Jahre fortzuschreiben. Das Land fördert die Umsetzung finanziell.
§ 9 Schulisches Mobilitätsmanagement
(1) Schulaufsichtsbehörden, Schulträger, Schulen, Landkreise und Gemeinden erarbeiten gemeinsam integrierte Schulmobilitätspläne mit Unterstützung des Fachzentrums Schulisches Mobilitätsmanagement des Landes. Diese umfassen insbesondere Unterrichtsinhalte, Öffentlichkeitsarbeit und Maßnahmen zur Veränderung des Mobilitätsverhaltens von Schülerinnen und Schülern hin zu seiner selbstständigen Mobilität sowie zu einer Umsetzung einer sicheren Infrastruktur im Schulumfeld. Jede Schule stellt hierfür mindestens einen Mobilitätsbeauftragten, der die Umsetzung begleitet. Schüler- und Elternvertretung werden bei der Ausarbeitung einbezogen.
(2) Die Landkreise und Gemeinden setzen das schulische Mobilitätsmanagement gemäß Absatz 1 um. Das Land fördert die Umsetzung finanziell.
§ 10 Zählstellen
(1) Die Träger der Straßenbaulast richten flächendeckend an Straßen in ihrer Baulast ausreichend mobile und feste Zählstellen für den Fuß- und Radverkehr ein. Das Land stellt den Landkreisen und Gemeinden Zählstellen zur Verfügung. Die erfassten Daten werden in regelmäßigen Abständen von der oberen Straßenbaubehörde zusammengeführt und von dem für Verkehr zuständigen Ministerium einmal jährlich ausgewertet.
(2) In die Auswertung fließen die von der oberen Straßenbaubehörde erhobenen Daten zum Kraftfahrzeugverkehr sowie die von den Verkehrsverbünden erhobenen Daten zum Öffentlichen Personennahverkehr ein. Ergibt die Auswertung eine den Zielen des Gesetzes nicht genügende Stärkung des Umweltverbundes, so hat das für Verkehr zuständige Ministerium Maßnahmen zu seiner Stärkung zu ergreifen.
§ 11 Mobilitätsplattform
Die gemäß § 10 erhobenen Daten werden öffentlich einsehbar in maschinenlesbarer, offen lizenzierter Form in einem Datenportal zur Verfügung gestellt. Die Daten dürfen von jedermann frei verwendet und weiterverwendet werden. Sie müssen für barrierefreie internetbasierte Anwendungen nutzbar sein. Das für Verkehr zuständige Ministerium betreibt das Datenportal.
Abschnitt 4 Fußverkehr
§ 12 Grundsätze
Innerhalb von Ortslagen sollen Fußverkehrsnetze durchgängig und direkt geführt sein. Die Gehwege sollen ausreichend breit, sicher und durchgängig barrierefrei sein.
§ 13 Strategischer Rahmenplan
(1) Das für Verkehr zuständige Ministerium stellt innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes einen strategischen Rahmenplan zur Förderung des landesweiten Fußverkehrs unter Beteiligung der Gemeinden und Landkreise sowie Vertreterinnen und Vertretern von Fachkreisen und Verbänden auf. Der Rahmenplan wird alle fünf Jahre fortgeschrieben.
(2) Die nach § 10 erhobenen Daten des Fußverkehrs werden bei der Erstellung des Rahmenplans einbezogen. Das Land fördert die Umsetzung der im strategischen Rahmenplan festgesetzten Maßnahmen in Gemeinden und Landkreisen finanziell.
§ 14 Planung, Bau und Betrieb von Fußverkehrsanlagen
(1) Die technischen Regelwerke und Richtlinien für Fußverkehrsanlagen in ihrer jeweils gültigen Fassung sind für Planung, Entwurf und Betrieb von Fußverkehrsanlagen umzusetzen.
(2) Radverkehr und Fußverkehr sind innerhalb der Ortslagen möglichst getrennt zu führen. Eine Mitbenutzung von Gehwegen soll aus Gründen der Verkehrssicherheit grundsätzlich ausgeschlossen werden. Sofern aufgrund der örtlichen Gegebenheiten eine Mitbenutzung von Gehwegen durch den Radverkehr nicht ausgeschlossen werden kann, ist der Vorrang des Fußverkehrs auf für den Radverkehr freigegebenen Gehwegen durch geeignete Maßnahmen sicher zu stellen.
§ 15 Förderung der Fußverkehrsinfrastruktur
Das Land stellt zur Finanzierung der Planung, Organisation, Ausgestaltung und Durchführung der Förderung des Fußverkehrs umfassende Personal- und Sachmittel zur Verfügung. Gemeinden und Landkreise werden vom Land insbesondere beim Aus- und Umbau, Erhalt und Sanierung sowie Ertüchtigung bestehender Fußverkehrsnetze in ihrer Baulast finanziell unterstützt.
§ 16 Querungen
(1) Dem Fußverkehr ist ein komfortables, sicheres und barrierefreies Queren der Fahrbahn, insbesondere an Hauptverkehrsstraßen sowie an allen Knotenpunkten wie Einmündungen und Kreuzungen, zu ermöglichen. Fußgängerüberwege gelten als eine besonders geeignete Form der Querung.
(2) Lichtsignalanlagen sind so zu steuern, dass eine Querung insbesondere an Straßen mit zwei Fußgängerfurten, die durch eine Mittelinsel oder einen Fahrbahnteiler getrennt sind, innerhalb einer Grünphase möglich ist.
(3) An Straßen außerorts sind bei Bedarf Fußgängerquerungshilfen mit sicheren, beleuchteten Querungsanlagen zu schaffen. Die beleuchteten Querungsanlagen sind so einzurichten, dass sie sowohl von zu Fuß Gehenden, als auch von Radfahrenden genutzt werden können.
Abschnitt 5 Radverkehr
§ 17 Planung, Bau und Betrieb von Radverkehrsanlagen
(1) Die technischen Regelwerke, Richtlinien sowie landesweiten Qualitätsstandards und Musterlösungen für Radverkehrsanlagen in ihrer jeweils gültigen Fassung sind für Planung, Entwurf und Betrieb von Radverkehrsanlagen umzusetzen.
(2) Radverkehrsanlagen sollen möglichst so gestaltet sein, dass ein unzulässiges Befahren und Halten durch Kraftfahrzeuge unterbleibt.
(3) Außerhalb von Tempo-30-Zonen oder bei einem Kraftfahrzeugverkehrsaufkommen von mehr als 500 Fahrzeugen je Stunde ist der Radverkehr in der Regel möglichst getrennt vom Kraftfahrzeugverkehr zu führen. Die Belange des Fußverkehrs sind bei Querungen von separat geführten Radwegen zu berücksichtigen.
(4) Zur Stärkung des Radverkehrs sind Fahrradstraßen vermehrt auszuweisen.
(5) Lichtsignalanlagen sind für den Radverkehr so zu steuern, dass eine schnelle Grünschaltung ausgelöst werden kann (Grüne Welle).
§ 18 Förderung der Radverkehrsinfrastruktur
Das Land stellt zur Finanzierung der Planung, Organisation, Ausgestaltung und Durchführung der Förderung des Radverkehrs umfassende Personal- und Sachmittel zur Verfügung. Gemeinden und Landkreise werden vom Land insbesondere beim Aus- und Umbau, Erhalt und Sanierung sowie Ertüchtigung bestehender regionaler Radverkehrsverbindungen in ihrer Baulast finanziell unterstützt.
§ 19 Rad-Hauptnetz
(1) Das Rad-Hauptnetz wird vom Land planerisch stetig weiterentwickelt. Baumaßnahmen innerhalb des Rad-Hauptnetzes sind unter Leitung der obersten Straßenbaubehörde zwischen den Trägern der Straßenbaulast abzustimmen, zu gewichten und umzusetzen. Die Planungen der Gemeinden und Landkreise werden besonders berücksichtigt, sofern ein Bedarf für den Alltagsradverkehr festgestellt wurde. Das Land baut an Straßen in seiner Baulast entsprechend der getroffenen Gewichtung das Rad-Hauptnetz fortwährend aus.
(2) Die Radwegweisung ist nach den Hinweisen des für Verkehr zuständigen Ministeriums zur wegweisenden Beschilderung für den Radverkehr auszuführen. Sie wird vom Land geplant, hergestellt und unterhalten.
§ 20 Radschnell- und Raddirektverbindungen
Radschnell- und Raddirektverbindungen sollen direkt und grundsätzlich getrennt vom Fußverkehr geführt werden. Sie sind mit hoher Oberflächenqualität und ausreichenden Breiten, die das Nebeneinander fahren und Überholen sowie das störungsfreie Begegnen ermöglichen, auszustatten. An Knotenpunkten sollen Radschnellverbindungen und Raddirektverbindungen vorwiegend bevorrechtigt sein und eine Fahrt mit möglichst geringen Verlustzeiten ermöglichen.
Artikel 2 – Änderungen des Hessischen Straßengesetzes
Das Hessische Straßengesetz in der Fassung vom 8. Juni 2003 (GVBl. I S. 166), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 28. Mai 2018 (GVBl. S. 198), wird wie folgt geändert:
1. Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:
a) Die Angabe zu § 6 wird wie folgt gefasst:
„§ 6 Einziehung und Teileinziehung“
b) Die Angabe zu § 6a wird wie folgt gefasst:
„§ 6a Einziehung und Teileinziehung“
2. § 3 wird wie folgt geändert:
Absatz 1 Nummer 1 wird wie folgt gefasst:
„1. Landesstraßen; das sind
a) Straßen, die innerhalb des Landesgebietes untereinander oder zusammen mit Bundesfernstraßen ein Verkehrsnetz bilden und vorwiegend einem über das Gebiet eines Kreises hinausgehenden Durchgangsverkehr dienen oder zu dienen bestimmt sind;
b) Radschnellverbindungen, die eine regionale oder überregionale Verbindungsfunktion erfüllen und für die eine der Verkehrsbedeutung entsprechende Verkehrsnachfrage gegeben oder zu erwarten ist; sie sollen untereinander oder mit anderen Radverkehrsverbindungen ein zusammenhängendes Netz bilden;
c) Raddirektverbindungen mit einer gegenüber Radschnellverbindungen geringeren Verkehrsnachfrage, die eine regionale oder überregionale Verbindungsfunktion erfüllen.
Die Bestimmung der Radschnellverbindungen und Raddirektverbindungen des Landes nimmt das für Straßenwesen zuständige Ministerium vor.
3. § 4 wird wie folgt geändert:
Dem Absatz 1 wird der folgende Satz angefügt:
„Es können insbesondere Nutzungen nicht verkehrlicher Art sowie die Freihaltung von Flächen von verkehrlicher Nutzung bestimmt werden.“
4. § 5 wird wie folgt geändert:
Dem Absatz 1 werden die folgenden Sätze angefügt:
„Die Verkehrsbedeutung einer öffentlichen Straße ist unabhängig von einer Änderung nach Satz 1 alle fünf Jahre zu überprüfen. Sofern eine Umstufung zur Vermeidung und Verringerung von Verkehr erforderlich scheint, hat diese zu erfolgen.“
5. § 6 wird wie folgt geändert:
a) In der Überschrift wird nach der Angabe „Einziehung“ die Angabe „und Teileinziehung“ eingefügt.
b) Absatz 1 wird wie folgt gefasst:
„Eine öffentliche Straße kann eingezogen werden, wenn kein Verkehrsbedürfnis mehr besteht oder das Wohl der Allgemeinheit es insbesondere zur Vermeidung und Verringerung von Verkehr oder von Belastungen durch Verkehr erfordert. Die Teileinziehung einer Straße ist zulässig, wenn nachträglich Beschränkungen auf bestimmte Benutzungsarten, Benutzungszwecke, Benutzerkreise oder Benutzungszeiten aus überwiegenden Gründen des Wohls der Allgemeinheit festgelegt werden sollen. Von der Möglichkeit der Teileinziehung soll insbesondere dann Gebrauch gemacht werden, wenn zur Realisierung von Maßnahmen der Verkehrslenkung und Verkehrsberuhigung bestimmte Verkehrsarten auf Dauer von dem durch die Widmung der Verkehrsfläche festgelegten verkehrsüblichen Gemeingebrauch ausgeschlossen werden sollen. Für die Einziehung und Teileinziehung von Gemeindestraßen ist die Gemeinde, von Landes- und Kreisstraßen die oberste Straßenbaubehörde, im Übrigen die Straßenaufsichtsbehörde zuständig. Soweit dieses Gesetz sich auf Einziehungen bezieht, findet es auf Teileinziehungen entsprechend Anwendung.“
6. § 9 wird wie folgt geändert:
In Absatz 1 Satz 2 werden die Wörter „möglichst weitreichende“ durch das Wort „durchgängige“ ersetzt.
7. § 23 wird wie folgt geändert:
a) Absatz 1 wird wie folgt gefasst:
„(1) Außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrt dürfen
1. Hochbauten jeder Art
a) längs der Landesstraßen und Kreisstraßen in einer Entfernung bis zu 20 m, gemessen vom äußeren Rand der befestigten für den Kraftfahrzeugverkehr bestimmten Fahrbahn,
b) längs der Radschnell- und Raddirektverbindungen in einer Entfernung bis zu 5m, gemessen vom äußeren Rand der befestigten Fahrbahn,
2. bauliche Anlagen jeglicher Art, die über Zufahrten an Landesstraßen oder Kreisstraßen unmittelbar oder mittelbar angeschlossen werden sollen
nicht errichtet werden. Dies gilt für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs entsprechend.“
b) Absatz 2 wird wie folgt gefasst:
„(2) Im Übrigen bedürfen Baugenehmigungen oder nach anderen Vorschriften notwendige Genehmigungen der Zustimmung der Straßenbaubehörde, wenn
1. bauliche Anlagen
a) längs der Landesstraßen oder Kreisstraßen außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten in einer Entfernung bis zu 40 m, gemessen vom äußeren Rand der befestigten Fahrbahn, errichtet, erheblich geändert oder anders genutzt werden sollen,
b) längs der Radschnell- und Raddirektverbindungen außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten in einer Entfernung bis zu 10 m, gemessen vom äußeren Rand der befestigten für den Kraftfahrzeugverkehr bestimmten Fahrbahn, errichtet, erheblich geändert oder anders genutzt werden sollen,
2. bauliche Anlagen auf Grundstücken, die außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten über Zufahrten an Landesstraßen oder Kreisstraßen unmittelbar oder mittelbar angeschlossen sind, erheblich geändert oder anders genutzt werden sollen.
Die Zustimmungsbedürftigkeit nach Satz 1 gilt entsprechend für bauliche Anlagen, die anzeigebedürftig sind. Weitergehende bundes- oder landesrechtliche Vorschriften bleiben unberührt.
8. § 41 wird wie folgt geändert:
a) Absatz 1 wird wie folgt gefasst:
„(1) Das Land ist Träger der Straßenbaulast für die Landesstraßen. Den Landkreisen und Kommunen sowie den Zweckverbänden können durch Vereinbarung mit dem Land die Planung und der Bau der Radschnell- und Raddirektverbindungen übertragen werden. Die Rechte und Pflichten des Landes als Träger der Straßenbaulast bleiben unberührt.“
b) Absatz 3 wird wie folgt geändert:
Die folgenden Sätze werden angefügt:
„Den Landkreisen kann durch Vereinbarung mit den Gemeinden die Verwaltung und Unterhaltung einschließlich des Um- und Ausbaus von in Ortslagen gelegenen Radverkehrsverbindungen übertragen werden. Die Rechte und Pflichten der Gemeinden als Träger der Straßenbaulast bleiben unberührt.“
Artikel 3 – Änderungen des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in Hessen
Das Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr in Hessen vom 1. Dezember 2005 (GVBl. I S. 786), zuletzt geändert durch Artikel 10 des Gesetzes vom 4. September 2020 (GVBl. S. 573), wird wie folgt geändert:
1. Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:
a) In der Inhaltsübersicht wird nach der Angabe zu § 3 folgende Angabe eingefügt:
„§ 3a Umstieg auf alternative Antriebsformen und Elektrifizierung von Schienenstrecken“
b) In der Inhaltsübersicht wird nach der Angabe zu § 4 folgende Angabe eingefügt:
„§ 4a Hessentakt“
c) In der Inhaltsübersicht wird nach der Angabe zu § 5 folgende Angabe eingefügt:
„§ 5a Landesfahrgastbeirat“
2. § 3 wird wie folgt geändert:
„(1) Der öffentliche Personennahverkehr ist Teil des Gesamtverkehrssystems und trägt dazu bei, die Mobilitätsnachfrage zu befriedigen. Ziel ist es, den öffentlichen Personennahverkehr als wichtige Komponente zur Bewältigung des Gesamtverkehrsaufkommens zu stärken und eine Verdopplung der Fahrgastzahlen bis 2030 herbeizuführen. Das Angebot des öffentlichen Personennahverkehrs ist daher vorausschauend, nutzerorientiert, attraktiv, leistungsfähig und effizient zu gestalten.
(2) Das Land strebt zu diesem Zweck die Erweiterung der Kapazitäten an überlasteten Schienenkorridoren und Streckenerweiterungen zur Beschleunigung von Trassen an. Es unterstützt den Wiederaufbau des Schienennetzes, insbesondere durch die Reaktivierung von stillgelegten Bahnstrecken, sofern die Aufgabenträger die Finanzierung der betrieblichen Ausgaben der jeweiligen Strecken sicherstellen.
3. Nach § 3 wird folgender § 3a eingefügt:
„(1) Die Leistungserbringung im öffentlichen Personennahverkehr soll über geeignete Anforderungen und Maßnahmen bei Planung und Bau von Infrastruktur sowie Beschaffung und Ausgestaltung von Fahrzeugen schrittweise bis spätestens 2030 auf einen vollständigen Betrieb mit alternativen Antrieben beziehungsweise nicht fossilen Antriebsenergien umgestellt werden.
(2) Das Land strebt bis 2030 eine weitgehende Elektrifizierung von Schienenstrecken an.“
4. § 4 wird wie folgt geändert:
a) Absatz 1 wird wie folgt gefasst:
„(1) Eine im öffentlichen Verkehrsinteresse ausreichende Verkehrsbedienung ist als Aufgabe der Daseinsvorsorge nach dem Stand und der Entwicklung der Mobilitätsnachfrage entsprechend den regionalen und örtlichen Gegebenheiten zu gestalten. Der öffentliche Personennahverkehr soll im ländlichen Raum erheblich ausgebaut werden. Eine flächendeckende stündliche Bedienung zwischen 05:00 Uhr und 23:00 Uhr bei kurzen Reisezeiten, Direktverbindungen, Anschluss- und Übergangssicherheit soll gewährleistet werden. Die jeweils nächstgelegenen Mittel- und Oberzentren sollen durch höchstens einen einzigen Umstieg der öffentlichen Nahverkehrsmittel unter Wahrung der Anschlusssicherheit erreicht werden können. Entsprechend der Mobilitätsnachfrage ist die Nachfrage durch flexible Bedienungsformen im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 in Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehren zu verdichten.“
b) Nach Absatz 1 wird folgender Absatz 1a eingefügt:
„(1a) Die Anbindung im ländlichen Raum soll durch an den tatsächlichen Bedürfnissen orientierte Bedienformen wie Anrufbusse sichergestellt werden. Die Anrufbusse sollen barrierefrei sein und insbesondere die Mitnahme von Hilfsmitteln für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen und Fahrrädern jederzeit ermöglichen. Das Bedienangebot ist in die Fahrgastinformationssysteme, Tarife und den Vertrieb der Verkehrsverbünde einzubinden. Das Land fördert den Ausbau des Anrufbussystems finanziell.“
c) Dem Absatz 5 wird folgender Satz angefügt:
Das Land setzt sich im Einvernehmen mit den Aufgabenträgern und Verkehrsverbünden für die Einführung eines deutlich ermäßigten Beförderungstarifs zur Nutzung des gesamten öffentlichen Personennahverkehrs in Hessen ein.
d) Folgende Absätze 7 und 8 werden angefügt:
„(7) Die kostenlose Mitnahme von Fahrrädern im öffentlichen Personennahverkehr soll grundsätzlich ermöglicht werden.
(8) Die Haltestellen des Öffentlichen Personennahverkehrs sind so auszugestalten, dass sie sich mit anderen Verkehrsmitteln des Umweltverbundes bezüglich Auffindbarkeit, Zugänglichkeit, Nutzbarkeit, Beschilderung, Fahrgastinformation und direkten Wegen ergänzen und eine ungehinderte An- und Abfahrt ermöglichen. Haltestellen und Stationen sollen zudem gut einsehbar und beleuchtet sein und über witterungsgeschützte Warte- und Sitzmöglichkeiten sowie Abstellmöglichkeiten für Fahrräder verfügen.“
5. Nach § 4 wird folgender § 4a eingefügt:
„(1) Die Vernetzung der Verkehrsmittel und Verkehrsverbindungen ist insbesondere durch integrale Taktfahrpläne zu verbessern. Das für den öffentlichen Personennahverkehr zuständige Ministerium erstellt zu diesem Zweck in Zusammenarbeit mit den Aufgabenträgern sowie Verkehrsverbünden innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes ein Konzept zu der Einführung eines mittel- und langfristig ausgelegten Hessentaktes. Der Hessentakt soll Vorgaben für einen integralen Taktfahrplan enthalten und den Schienenpersonennahverkehr nachhaltig verbessern.
(2) Die Umsetzung des Hessentakts soll langfristig zu Reisezeitverkürzungen insbesondere auf Nord-Süd-Achsen wie der Main-Weser-Bahn sowie der Schaffung von Direktverbindungen zwischen Oberzentren führen. Zu diesem Zweck werden bauliche, fahrzeugtechnische und organisatorische Verbesserungen umgesetzt. Unter baulichen Verbesserungen sind insbesondere der Aus-, Um- und Neubau von Strecken, deren Begradigung, die Schaffung neuer Ausweichgleise sowie die elektronische Verbesserung an Stellwerken und Strecken zu verstehen. Fahrzeugtechnische Verbesserungen sind insbesondere solche elektronischer Art, stärkere Motoren, eine höhere Anzahl von Türen sowie Anpassungen des Fahrzeugbodens zur Beschleunigung des Ein- und Ausstiegs.
(3) Der Schienenpersonennahverkehr ist so zu planen, dass auf der Basis eines grundsätzlich am Bedarf orientierten Integralen Taktfahrplans landesweit vergleichbare Bedienungsstandards erreicht werden. Unter besonderer Berücksichtigung der verschiedenen verkehrlichen Bedürfnisse soll ein vergleichbares Fahrplanangebot in den Verdichtungsräumen und im ländlichen Raum erreicht werden.
(4) Der Hessentakt ist alle fünf Jahre nach Maßgabe von Absatz 1 fortzuschreiben.“
6. Nach § 5 wird folgender § 5a eingefügt:
„Die Aufgabenträger sollen sich bei der Wahrnehmung der Aufgaben zur Wahrung der Fahrgastinteressen von einem bei dem für den öffentlichen Personennahverkehr zuständigen Ministerium eingerichteten Landesfahrgastbeirat unterstützen lassen. Ihm soll insbesondere angehören je ein Vertreter oder eine Vertreterin der landesweit zuständigen Fahrgastverbände, der Interessenvertretung von Behinderten und anderen Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigung, der betroffenen Fachgewerkschaften und der Fachverbände der Verkehrtreibenden sowie des Städte- und Gemeindebunds. Das Nähere regeln Verwaltungsvorschriften.“
Artikel 4 – Änderung des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung
Das Hessische Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Januar 2005 (GVBl. I S. 14), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 23. August 2018 (GVBl. S. 374), wird wie folgt geändert:
§ 14 wird wie folgt geändert:
Dem Absatz 6 wird folgender Absatz 7 angefügt:
„Die Gefahrenabwehrbehörden und die Polizei dürfen im öffentlichen Verkehrsraum zur Verhütung der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von Kraftfahrzeugen nach Maßgabe des Satzes 2 Bildaufzeichnungen offen anfertigen und damit auf einer festgelegten Wegstrecke die Durchschnittsgeschwindigkeit eines Kraftfahrzeugs ermitteln (Abschnittskontrolle). Die Bildaufzeichnungen dürfen nur das Kraftfahrzeugkennzeichen, das Kraftfahrzeug und seine Fahrtrichtung sowie Zeit und Ort erfassen; es ist technisch sicherzustellen, dass Insassen nicht zu sehen sind oder sichtbar gemacht werden können. Bei Kraftfahrzeugen, bei denen nach Feststellung der Durchschnittsgeschwindigkeit keine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit vorliegt, sind die nach Satz 2 erhobenen Daten sofort automatisch zu löschen. Die Abschnittskontrolle ist kenntlich zu machen.“
Artikel 5 – Inkrafttreten
Das Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.